Fällt es Ihnen auch schwer auf etwas zu verzichten?

 

Gestern fand ich in meinem Briefkasten eine Karte mit der Aufschrift: Fastenzeit 2019 – zu meinen inneren Quellen finden. Als ich die Karte las, spürte ich zwei Impulse in mir:  Sehnsucht und Traurigkeit.

Sehnsucht, auch stark sein zu wollen. Sehnsucht auch die Kraft haben, zu wollen, auf etwas zu verzichten. Und Traurigkeit, weil ich dafür gerade nicht die Kraft habe.

Wie jedes Jahr hatte ich auch dieses Jahr überlegt, ob ich auf etwas verzichte, wie Zucker oder Kaffee. Oder noch besser: nur basisch essen. In den drei Tagen vor Fastenbeginn, in denen ich dies erwog, entwickelte ich einen unbändigen Hunger. In der Vorstellung, es sieben Wochen, nicht zu dürfen, ass ich so viel Fleisch, Käse und Süsses, wie sonst nur in zwei Wochen.
“So zu fasten, hat keinen Sinn”, stellte ich fest und liess es. Doch wie schon anfangs gesagt, machte es mich traurig. Denn jemand in mir, der gerne stolz auf mich gewesen wäre, kommentierte mich ziemlich abfällig.

Haben Sie auch so einen BEWERTER, IDEALISTEN oder Du-musst-toll-sein-Müsser?

Ich jedenfalls habe so ein Team-Mitglied, dass ein Super-Ideal-Bild von mir hat. Es hat ziemlich konkrete Vorstellungen, wie ich sein sollte, damit ich mit mir zufrieden oder stolz auf mich sein darf.
Weil es diesem Team-Mitglied ein großes Anliegen ist, dass ich mich schätze und Freude an mir habe, ist es ziemlich aktiv. Leider auf diese Art, des ständig TOLL-SEIN-MÜSSENS.

 

Das heißt, ich ´muss` immer wieder diesem BEWERTER und TOLL-SEIN-MÜSSER in mir eine SELBSTANNEHMERIN und SELBST-WERTSCHÄTZERIN zur Seite stellen, die ihm sagen: Hey, es ist okay, wenn du etwas gerade nicht kannst oder nicht die Kraft dazu hast. Sieh mal, das sind deine Fähigkeiten …

Solch eine “innere Team-Arbeit” kostet Kraft. Und manchmal bin ich echt müde, diese inneren Dialoge auszufechten. Umso mehr berührt es mich, wenn ich etwas, wie heute Morgen erlebe. Ich sitze gemütlich am Kaffeetisch und freue mich noch an den Sonnenstrahlen, die für fünf Minuten durch mein Küchenfenster fallen und mich und meine Küche in ein strahlendes Licht tauchen. Einem Impuls folgend öffne ich die Website von www.sacredspace.ie. Und dann lese ich staunend folgenden Input für diese Woche:

Was, wenn wir uns in dieser Fastenzeit, dem Fasten und Gebet nicht mit einem Auge darauf nähern, was wir tun können, um uns zu verändern,
sondern eher mit einem Auge darauf, was Gott tun möchte, um uns zu verändern.

Viel zu oft sehen und begehen wir die Fastenzeit, als ob sie eine Reihe von “guten Vorsätzen für das neue Jahr” wären:
ein bestimmtes Verhalten aufgeben, mehr an Bedürftige denken und abgeben, oder mehr Zeit für das Gebet und die Zeit mit Gott zu haben.
Doch der Sinn der Fastenzeit ist nicht Selbstverbesserung.
Die Fastenzeit ist eine Zeit der Verwandlung, in der Gott für unsere Umgestaltung verantwortlich ist. Nicht wir.

Fasten ist kein Projekt der Selbstverbesserung. Es ist eine Zeit, in der wir Gott erlauben, uns umzugestalten, uns zu verwandeln.

Fasten ist eine Zeit der bewussten Zusammenarbeit mit Gottes Geschenk, dass er führt und wir folgen. So wie eine gute Tänzerin ihrem Partner. Wir können wählen, ob wir ihm folgen oder auch nicht. Doch immer ist es Gott, der führt.

Wie das in der Praxis aussieht? Die Antwort ist für jeden von uns unterschiedlich. …  Wenn wir auf die Stimme Gottes hören, werden wir überrascht sein, wohin er uns in dieser Fastenzeit ruft.

Wow. Eben noch war der Bewerter aktiv, der mir vorhielt, wie wenig Disziplin ich habe. Eben noch war ich müde, schon wieder ihm die Selbstwertschätzerin und Selbstannehmerin zur Seite stellen zu müssen. Und dann greift Gott ein. Liebevoll, völlig unverhofft, flüstert er mir zu: “Hey, Andrea. Der Sinn der Fastenzeit ist nicht Selbstverbesserung. Die Fastenzeit ist eine Zeit der Verwandlung, in der ICH, Gott für deine Umgestaltung verantwortlich bin. Nicht DU.”

Wow und noch mal wow. Mir wird bewusst: Wie sehr denke und lese ich die Bibel leistungsorientiert. Wie sehr empfinde ich, was Gott dort sagt, noch immer als Anspruch, den ich erfüllen muss, anstatt, als Verheißung, was ER mir schenken und in mir wirken möchte.

 

Fasten ist eine Zeit der bewussten Zusammenarbeit mit Gottes Gnade und Geschenk, dass er führt und wir folgen.
So wie eine gute Tänzerin ihrem Partner.

Vielleicht sollte und darf ich mich in den nächsten Wochen bis Ostern fragen:

  • Was schenkst du Gott mir heute?
  • In was führst du mich gerade?
  • Was bist du am Verwandeln? Und wie tragen meine Lebensumstände dazu bei?

Gott trainiert durch Umstände. Die Herausforderung liegt darin, sich nicht gegen die Umstände zu wehren, sondern zu entdecken, was Gott durch sie in mir trainiert und in mir verwandelt.

Wie geht es Ihnen mit dem Fasten?

Ich freue mich für Sie, wenn Gott Sie erleben lässt, wie wohltuend und befreiend es ist, verzichten zu können, Schlackstoffe los zu werden und Überflüssiges zu lassen.

Und ich freue mich für Sie, wenn Sie, wie ich, entdecken dürfen: ich muss nicht auf etwas Verzichten, um auf mich stolz sein zu dürfen. Ich darf einfach mal gerade Gott an mir wirken lassen.

Von Herzen wünsche ich Ihnen und mir
Freude beim Tanz mit Gott.


ER führt, wir folgen.

 

Andrea Kreuzer